Mit ihren Arbeiten «Save from Harm» und «264 St. Johns Lane» reflektieren die beiden Fotografen Nick Widmer (*1976) und Christian Eberhard (*1975) auf unterschiedliche Weise ihr Austauschsemester an der University of the West of England (U.W.E.) in Bristol, an welchem sie im Abstand von einem Jahr teilgenommen haben.
Was die Fotografien von Nick Widmer mit dem gezeichneten Videoclip von Christian Eberhard verbindet, sind zwei gegensätzliche Stimmungen, die sich wie ein roter Faden durch die, in ihrer äusseren Form unterschiedlichen, Arbeiten ziehen.
Zum einen wird da eine unterschwellige Bedrohung von etwas Unbestimmten und dennoch Allgegenwärtigen wie Anonymität, Verlorenheit und einem Mangel an menschlicher Wärme spürbar. Bei Nick Widmer widerspiegeln das die mit einer Kleinbildkamera aufgenommenen Ansichten von Bristol, auf denen beim genaueren Hinschauen jegliche Feinheit in einer unwirklich anmutenden, opaken Masse zu verschwinden scheint, und den Betrachter mit einem beklemmenden, etwas misstrauischen aber auch irgendwie schaurig-schönen Gefühl der unüberbrückbaren Distanz und Fremde zurücklässt.
In Christian Eberhards Videoclip besteht der einzige Kontakt des Protagonisten zur Aussenwelt durch den Fernseher, der, ähnlich wie die Zeitangabe, einen ganzen Tag lang, immer weiter läuft. Der Aschenbecher füllt sich, die Bierdosen auf dem Boden häufen sich, die Einsamkeit bleibt. Das Leben von draussen, wie es einem der Fernseher vorspielt, hat keinen Zugang zu diesem Raum. Draussen vor dem Fenster rauschen die Autos lautlos vorbei. Aber genau in dieser Atmosphäre wird noch eine zweite, ganz andere Stimmung beinahe greifbar. In all seiner Abgekapseltheit ist dieser Mensch auch aufgehoben. Die wohlig-melancholische Musik der New Yorker Band «Sonic Youth», die nackten Füsse, das Kochen und Wäsche waschen: all das deutet eben auch auf eine Art Refugium hin, ein Ort wo man sich wohl fühlt.
An diesem Punkt trifft diese zweite Stimmung dann wieder mit der Arbeit von Niklaus Widmer zusammen. Als Gegensatz zur Aussenwelt dokumentiert Nick Widmer Menschen aus seinem Umfeld dort wo sie sich geschützt fühlen. Dorthin, so scheint es, hat sich all diese draussen vermisste und schon verloren geglaubte Wärme, Nähe und Liebe zurückgezogen. In diesen Zufluchtsorten öffnen sich dem Betrachter all diese Gefühle, die ihm draussen verweigert blieben. Auf stille, zurückhaltende Art sind so liebevolle und intime Portraits und Raumaufnahmen entstanden, im Gegensatz zur Aussenwelt detail- und kontrastreich, voll Farbe und Leben.
(Text: Jean-Claude Freymond)