Lydia Wilhelm: Grund & Boden II

Lydia Wilhelm setzt sich in ihrem Schaffen auf verschiedene Weisen mit ihrer Umgebung, insbesondere mit Landschafts- und Stadträumen, auseinander. Ihre Fotoserie „Rotten Moments“ (seit 2007) ist darauf angelegt, dass die Negative sich nach und nach zersetzen und die darauf abgebildeten Landschaften ausgelöscht und durch neue, unvorhergesehene Strukturen ersetzt werden.

Der Transformationsprozess von einer realen Landschaft hin zu einer fiktiven oder möglichen Landschaft wird auch in den grossflächig angelegten Zeichnungen deutlich. Versatzstücke von Bildern – gefundenen und eigens fotografierten – und leere, weisse Flächen erzeugen eine Tiefen- und Raumwirkung. Sie vermitteln uns zunächst den Eindruck, als könnten wir durch die Zeichnung wandern, doch ist die Suggestion grösser als die Realität, dies insbesondere auch in den Grafitzeichnungen direkt auf den Boden, die sich beim Betreten in Staub auflösen würden. Auch die Zeichnungen, die während ihrem Aufenthalt in Paris entstanden sind, zeigen Gegensätze, in ihnen trifft das Konstruierte eines Wohnblocks, die Regelmässigkeit der Stockwerke und Fensterreihen auf wild wuchernde Gärten im Innenhof.

Die jüngsten Zeichnungen von Lydia Wilhelm kreisen um den Weltraum, der seit jeher als Faszinosum gilt. Seine Ferne und seine Unerreichbarkeit ist Projektionsraum für Sehnsüchte, aber auch Inbegriff wissenschaftlicher Bilder von teilweise unbestimmbaren Erdoberflächen oder Planetenbahnen. In der station 21 – plattform für junge kunst wird die Künstlerin neben Zeichnungen von Stadt-, Landschafts- oder Welträumen auch zeichnerisch und installativ in den Raum eingreifen. Die vorgefundene fleckige Struktur und bereits vorhandene Zeichen auf dem Boden werden ergänzt und so in eine andere Ebene transportiert. Lydia Wilhelm eröffnet in ihren Arbeiten ein Spiel mit visuellen Zeichen im Raum, welche letztendlich darauf angelegt sind, die vorgegebene Zeichenfläche zu sprengen.